„Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“ Dieses Zitat stammt vom Altkanzler Helmut Schmidt, der ein Mann deutlicher Worte war. Doch kommt ein Unternehmen ohne Visionen aus? Manche Visionäre haben die Gesellschaft verändert, andere sind gescheitert, viele sind längst vergessen.

Als Partner von UiPath wollen wir uns in diesem Blogbeitrag mit der UiPath-Vision „We envision a world with a robot for every person“ kritisch auseinandersetzen. Warum ist die Idee eines voll automatisierten Unternehmens sinnvoll, was braucht es dazu, die Vision im eigenen Unternehmen umzusetzen, und welche Fehler sollten Sie dabei vermeiden?

A Robot for every Person – eine Idee mit Wirkung

„A Computer on every Desk and in every Home“. Dieses Ziel setzten sich vor 45 Jahren Bill Gates und Paul Allen. Ein Ziel, das damals unmöglich schien. „A Robot for every Person“ ist die UiPath Vision für den modernen Arbeitsplatz von heute [1]. Die Idee besteht darin, jeden Mitarbeiter mit einem eigenen virtuellen Assistenten bzw. einem Software-Roboter auszustatten, der ihm viele seiner alltäglichen und sich wiederholenden Aufgaben abnimmt. Dadurch kann sich der Mitarbeiter auf kreative, komplexe und wertschöpfende Aufgaben konzentrieren. Beispiele für solche RPA Use Cases betreffen das Anlegen von Datensätzen in CRM- oder ERP-Systemen, den Zugriff auf und die Extraktion von Daten aus mehreren Systemen oder die automatische Erstellung von Berichten.

Was würde das für die Produktivität Ihres Unternehmens, die Zufriedenheit Ihrer Mitarbeiter und vor allem Ihre Wettbewerbsfähigkeit bedeuten?

Robotic Process Automation (RPA) kann wiederkehrende Arbeiten schneller und genauer ausführen, ohne zu ermüden. Das große Versprechen lautet: geringere Kosten für wiederholbare, vorhersehbare Aufgaben, besserer Kundenservice, höhere Qualität und höhere Geschwindigkeit in der Prozessausführung. Allerdings kämpfen Unternehmen damit, RPA zu skalieren und somit das volle Potenzial der Technologie zu heben.

Hat RPA ein Skalierungsproblem?

Eine aktuelle Studie von PwC zeigt, dass in der DACH-Region 58 Prozent der befragten Unternehmen lediglich 1 bis 5 Bots im Einsatz haben und nur 5 Prozent mehr als 20 Bots [2]. Laut Forrester werden weltweit bei mehr als der Hälfte aller RPA-Initiativen weniger als 10 Bots eingesetzt [3]. Zudem haben mindestens 25 % der Unternehmen Schwierigkeiten, ihre ROI-Ziele wegen fehlender Skaleneffekte zu erreichen. Ein Automatisierungsexperte meint hierzu [4]:

“We will have no ROI until we get real momentum in the company for building automations. You need to hit a tipping point, with a stream of automations happening.“

Warum ist das so? Zu Beginn einer RPA-Initiative analysiert die IT-Abteilung, wie die Geschäftsprozesse funktionieren, wer daran beteiligt ist, wann Ausnahmen auftreten und wie sie zu behandeln sind. Diese Businessanalyse kann sehr viel Zeit in Anspruch nehmen und erfordert eine enge Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen, die in vielen Fällen schwierig ist. Und all das kann zu einem langen Rückstau an Automatisierungsprojekten und Frustration führen.

Ziel der Businessanalyse ist es, einfache Prozesse mit hohem Transaktionsvolumen für die Prozessautomatisierung zu identifizieren. Wendet man die „Rule of Five“ an [5], um die Kosten für die Erstellung eines Bots zu rechtfertigen, wird es schwierig, die richtigen Use Cases in einer ausreichenden Zahl zu finden. Diese Regel besagt, dass es weniger als fünf Entscheidungen, weniger als fünf involvierte Anwendungen und weniger als 500 Tastaturaktionen bei einem zu automatisierenden Prozess geben sollte, damit es sich lohnt, ihn zu automatisieren. Genügend Use Cases mit den klassischen Methoden der Software-Entwicklung zu identifizieren ist damit eines der größten Skalierungsprobleme bei RPA.

Citizen Developers – das Geheimnis der RPA-Skalierung

Folgendes Zitat stammt von Albert Einstein und gilt im übertragenen Sinne auch für RPA. Daher braucht es eine neue Denkweise und neue Ansätze für erfolgreiche RPA-Initiativen.

„Probleme kann man niemals mit der gleichen Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“

Ein Ansatz, der sich in der Praxis bereits bei „RPA-Champions“ bewährt hat, ist die Ausbildung von sogenannten Citizen Developers. Dies sind im RPA-Kontext Endbenutzer, die neue Automatisierungen erstellen, indem sie Low- oder No Code Automatisierungsplattformen verwenden.

Ein Beispiel für eine solche Plattform ist Studio X von UiPath, mit dem Geschäftsanwender eine codefreie Plattform zur Automatisierung ihrer Aufgaben erhalten. Die nötige Governance ist dabei inbegriffen. Durch eine einfache grafische Oberfläche und intelligente Werkzeuge werden bei Studio X Nicht-Techniker in die Lage versetzt, Prozesse über Software-Bots in Produktionsumgebungen mit einfachen Mitteln zu automatisieren.

UiPath Plattform

Quelle: UiPath

Die Möglichkeit, zukunftssichere Apps per Drag-and-Drop zu erstellen und Probleme zu lösen, die die Citizen Developers selbst oder ihre Kollegen haben, ohne den Quellcode zu berühren oder die Programmiersprachen zu beherrschen, schafft eine enorme Wirkung auf die Geschwindigkeit einer RPA-Initiative. Die Vorteile beim Einsatz von Citizen Developers sind bahnbrechend, bestätigt Kevin Kroen, Intelligent Automation and Digital Upskilling Leader bei PwC [6]

“At PwC, we saw citizen-led automation as the secret sauce to success in our large scale digital transformation, allowing our entire employee base to take a hands-on role in executing change and to focus our centralized efforts on the highest value problems. This resulted in the savings of millions of work hours across the firm, coupled with improved client and employee experience.”

Citizen Developers sind näher an dem Problem, das sie lösen möchten als jeder andere. Sie sind die Experten für die Geschäftsprozesse und haben typischerweise einen besseren Draht zu Ihren Kollegen als ein eingekaufter Berater.

Center of Excellence und die richtige RPA-Governance

Low- und No-Code-Tools machen es möglich, dass jeder Mitarbeiter ein Entwickler sein kann. Der Trick für die IT-Abteilung besteht nun darin, die Citizen Developers zu unterstützen und gleichzeitig Qualität, Sicherheit und Konsistenz zu gewährleisten.

Unternehmen, die Citizen Developers einsetzen, haben typischerweise einen fortgeschrittenen Reifegrad im Bereich RPA. Sie haben typischerweise ein Center of Excellence für Robotic Process Automation eingerichtet – ein Team, das sich mit Aktivitäten zur digitalen Transformation befasst und in der Regel in der IT-Abteilung angesiedelt ist.

Das Center of Excellence ist die Stelle im Unternehmen, die RPA Standards institutionalisiert und die globale RPA-Governance einführt und aufrechterhält. Das Center of Excellence testet und gibt die Automatisierungen frei, bevor sie anderen Anwendern über ein Online-Portal zur Verfügung gestellt werden.

Eine Plattform wie von UiPath ermöglicht die zentralisierte Kontrolle, Verwaltung und Steuerung aller RPA Aktivitäten im Unternehmen durch das Center of Excellence. Der Plattformgedanke gewinnt enorm an Bedeutung, wenn Tausende von Entwicklern, die über das gesamte Unternehmen verteilt sind, einzigartige Anwendungen ohne Anweisung erstellen. Governance, Risk und Compliance-Prozesse im Center of Excellence sind daher für den Erfolg entscheidend.

Was sind die Anforderungen an Citizen Developer?

Eine Studie von IDC zeigt deutlich, dass Mitarbeiter eine positive Einstellung gegenüber dem Konzept „A Robot for every Person“ haben. Fast drei Viertel der Befragten auf Mitarbeiterebene sind offen dafür, dass Roboterassistenten ihnen bei der täglichen Arbeit helfen. 25 Prozent der Befragten seien sehr interessiert und 38 Prozent seien möglicherweise interessiert, sich an der Entwicklung von Bots Citizen Developer zu beteiligen [7].

Die Anforderungen an Citizen Developers unterscheiden sich grundlegend von denen an professionelle Entwickler. Citizen Developer sind zwar auch Anwendungsentwickler, für sie sind Programmierkenntnisse aber eher zweitrangig. Sie müssen stattdessen komplexe Modelle, regelbasierte Systeme und andere Arten deklarativer Beschreibungen verstehen. Weil sie weitaus produktiver als Programmierer sind und viel agiler vorgehen können, wächst der Anteil der Kommunikation mit den späteren Anwendern. Kommunikationsfähigkeiten sind daher wichtige Soft Skills dieser Mitarbeiter.

Um mit Citizen Developers erfolgreich zu sein,

  • müssen die Mitarbeiter in der Nutzung der RPA-Werkzeuge geschult werden.
  • müssen Citizen Developers in der Lage sein, zu erkennen, wo eine Automatisierung der richtige Ansatz ist.
  • müssen sie durch Trainings in die Lage versetzt werden, qualitativ hochwertige und stabile Automatisierungen zu erstellen.

Die Online-Lern-Plattform UiPath Academy ermöglicht Ihre Fachkräfte mit speziellen Weiterbildungsprogrammen weiterzubilden und die Ausbildung von Citizen Developers mit Blended Learning Formaten zu unterstützen.

Drei Fehler, die Sie vermeiden sollten

RPA und die zunehmende Einführung intelligenter Automatisierung führen zu neuen Risiko- und Governance-Herausforderungen. Das Konzept „A Robot for every Person“ legt hier noch eine deutliche Schippe drauf. Da die Citizen Developers ihre eigenen Automatisierungen erstellen, die durchaus personenbezogene oder andere kritische Daten nutzen, müssen mehrere Aspekte in Bezug auf Risiken, Compliance, IT-Sicherheit und Business Continuity betrachtet werden. Weiterhin sollten Sie diese drei Fehler vermeiden [8]:

  • Fehler 1: Die Mitarbeiter werden falsch vorbereitet

Mit dem Konzept „A Robot for every Person“ ist definitiv sowohl ein kultureller Wandel als auch ein technischer Wandel verbunden. Umschulungen, Trainings und Change Management werden somit zu einer Grundvoraussetzung für den Erfolg. Dies hat zwei Elemente. Die Anwender müssen im Umgang mit RPA und der Entwicklung von Software Robotern geschult werden, wenn sie dies wünschen. Darüber hinaus müssen die Anwender verstehen, wie RPA ihre eigene Arbeitsweise und die des Unternehmens verändern wird und eine entsprechende Akzeptanz aufweisen. An vielen Stellen, etwa in BackOffice Bereichen, müssen Ängste in Bezug auf den Verlust des eigenen Arbeitsplatzes aufgrund von RPA abgebaut werden.

  • Fehler 2: Automatisierungen können nicht vernünftig geteilt werden

Einmal geschult, gehen Citizen Developers sehr enthusiastisch an das Thema heran und erstellen erfolgreich eine Vielzahl an Automatisierungen, die ihre Geschäftsprobleme lösen. Der Wert für das Unternehmen liegt darin, dass diese Automatisierungen sicher und konform für alle, die sie benötigen, zur Verfügung gestellt werden. Daher sollte das Center of Excellence ein zentrales Repository einrichten, in das die Citizen Developers ihre Entwicklungen hochladen, damit sie getestet und freigegeben werden können. Andere Geschäftsanwender können dann auf das Repository zugreifen, um jede Automatisierung herunterzuladen, von der sie glauben, dass sie ihre Arbeit verbessern wird.

  • Fehler 3: Der RPA Roll-out wird unzureichend geplant und durchgeführt

Das Konzept „A Robot for every Person“ stellt eine völlig neue Größenordnung für die Automatisierungen im gesamten Unternehmen dar. PwC hat RPA bei seinen mehr als 50.000 Mitarbeitern in den USA und Mexiko eingeführt und ist dabei, dies global auf das gesamte PwC-Firmennetzwerk auszuweiten [9]. Dies bewirkt einen enormen Druck auf den Roll-out und die Adoption dieser Art von Automatisierung. Während früher das Center of Excellence die Anwendung einfach bereitstellen konnte und die Benutzer dann automatisch von ihrer Nutzung profitierten, ist die Adoption jetzt für Geschäftsanwender und Citizen Developers freiwillig. Die Anwender müssen geschult und ermutigt werden, die Automatisierungen in ihrem eigenen Tempo zu übernehmen. Daher sind eine sorgfältige Planung sowie eine umfassendere Kommunikations- und Engagement-Strategie unabdingbar.

Fazit: Wer große Visionen hat, wird langfristig mit RPA richtig, richtig erfolgreich werden

Große Dinge brauchen große Visionen. Die Nutzung des Fachwissens der Anwender, um eigene Automatisierungen zu erstellen, birgt ein unermessliches Potenzial. Durch die Etablierung von Citizen Developers können Unternehmen das Wissen der Abteilungen besser nutzen und die Entwicklung und Verwaltung von Bots verteilen. Der Automatisierungsgrad in einem Unternehmen kann exponentiell wachsen und die Projektabwicklung enorm beschleunigen. Die Produktivität eines jedes Mitarbeiters im gesamten Unternehmen wird erhöht und der Return on Investment einer RPA-Initiative steigt.

Das Center of Excellence kann sich durch die Bereitstellung einer durchdachten Governance für die Bot-Entwicklung sich auf diejenigen Automatisierungen konzentrieren, die dazu beitragen, Ihre digitale Transformation noch weiter voranzutreiben und Ihre wichtigsten Unternehmensziele zu erreichen.

Als Proventa haben wir uns die Aufgabe gestellt, mit intelligenter Prozessautomatisierung von UiPath mehr wertvolle Zeit für Ihre Mitarbeiter zu schaffen für das, was wirklich für Ihr Geschäft zählt.

Schreiben Sie uns, wenn Ihnen nun die ein oder andere Idee für Ihr Unternehmen gekommen ist. Mit der Lösung von UiPath, dem führenden RPA-Hersteller, automatisieren wir Ihre Prozesse und holen so den Roboter aus Ihren Menschen heraus.

Quellen
[1] UiPath (2021): Menschen in die Lage versetzen, smarter zu arbeiten – mit Software-Robots. [2] PwC (2020): Robotic Process Automation (RPA) in der DACH-Region.
[3] Forrester (2019): The RPA Services Market Will Grow To Reach $12 Billion By 2023.
[4] Forrester (2020): Ten Golden Rules For RPA Success. Focus On These Key Philosophies For Lasting Automation Value.
[5] Forrester (2018): Use The Rule Of Five To Find The Right RPA Process But Beware Of Freezing Essential Process Improvement.
[6] Kevin Kroen, PwC (2021): A people-first automation mindset.
[7] IDC (2021) A Robot for Every Worker: Are We Ready for a People-First Automation Mindset?
[8] UiPath (2021): Charting the Automation Journey.
[9] UiPath (2020): PwC, a global network of professional services firms, had a bold vision: reshape its workforce for the digital age. Impossible? Not with the help of UiPath.
Dr. Dietmar Wiedemann

Dr. Dietmar Wiedemann

Dr. Dietmar Georg Wiedemann ist Vorstand in der Proventa AG. Sein Fokus liegt im Bereich Agile Project Management und Agile Transformationen. Als Agile Coach und ScrumMaster steht er für die stetige Verbesserung des Geschäftsnutzens unserer Kunden. Er ist Motor für Veränderungen und Anpassungen in der Organisation und lebt dabei die agilen Werte Fokus, Commitment, Respekt, Mut und Offenheit vor.